Donnerstag, 15. Mai 2014

Auf St. Pauli brennt noch Licht

Männertour zum Hafengeburtstag auf die Reeperbahn – was will man mehr. Um Abstand von den Edelstahldiskos, der Erlebnisgastronomie und Astra Rotlicht zu finden, standen auch zwei Grounds auf dem Programm:

10.05.2014: Regionalliga Nord, Victoria Hamburg – Goslar 08, Stadion Hoheluft

Samstag, 13:00 Uhr. Nach 2 Astra zum Zähneputzen und einem zünftigen Frühstück in einer Pauli-Bar, mache ich mich auf den Weg nach Eimsbüttel. U-Bahn von der Reeperbahn bis Hoheluftbrücke und weiter mit dem Bus zum Stadion Hoheluft. Der Eintritt kommt mit 10,00 € für einen überdachten Sitzer im grünen Bereich. Gleich am Einlass erkundige ich mich nach dem Standing des HSV an dem Tag. Immer das gleiche an diesem Wochenende. Die sollen ruhig mal absteigen, heißt es. Ein ganz lustiger Zeitgenosse guckt auf meine Dortmund-Jacke und meint, dass ich doch auch nur wegen Krawall hier sei. Ja, ist klar, keine hundert Leute im Stadion und ich als Erlebnistourist auf der Suche…

Im Stadion gibt es zu meiner Verwunderung Warsteiner (mein Körper war eigentlich auf Astra sensibilisiert). Egal. 3,50 € für den Halben vom Fass ist ok. Die zusammen kopierte Stadionzeitung kostet 0,50 €. Freie Platzwahl. Hinter dem einen Tor macht sich ein supportender Mob der Heimmannschaft breit. Ca. 20 Mann, die aber dafür gut Alarm machen. Gästefans sind wohl auch da. Dabei handelt es sich aber wohl um Angehörige des Teams, die auf der lauschigen, überdachten Tribüne Platz genommen haben. Das Spiel ist grausam. Das Wetter auch. Zusammen gekauert, einen Halben an der Hand und Mucke auf den Ohren kauere ich auf meinem Platz und lasse dieses Spiel auf mich wirken. 0-0 zur Halbzeit, Torchancen Mangelware und auch keine Sicht auf Besserung in der Zweiten. In der 89. Minuten erlöst mich dann doch ein Golsarer und schießt zum 0-1 ein. Ende, Aus. Ab durch den Regen und zurück zur Reeperbahn, wo die Kumpels bestimmt schon steil gehen.

11.05.2014: Zweite Bundesliga, FC St. Pauli – Erzgebirge Aue, Millerntor
Sonntag. Nein, kein Astra zum Zähneputzen und auch kein Frühstück. Der Abend davor in einer Ska-Kneipe am Hafen versackend und viel Astra schluckend, nagt doch mehr an mir, als ich mir erträumt habe. Egal. Wir sind in Mitten der braun-weißen Welt. Überall wimmelt es von Kuttenträgern, Celtic-Fans, aber auch Leuten, denen man es ansieht, dass es mittlerweile hip ist, zu Pauli zu gehen. Ohnehin ist Pauli eine ganz große Kommerzveranstaltung. Riesen Fanshop auf der Reeperbahn. Trotzdem, man sieht auch das alte Klientel: Bunte Haare, Kutte, Joint auf dem Zahn oder das Modell Sonderschullehrer/Sozialpädagoge mit Pali. Egal, irgendwie sympathisch, irgendwie anderes als sonst vorm Spiel. Nach paar Astra zum Klarkommen geht ab zum Millerntor. Irgendwie hat das schon was. Aue-Fans sieht man auch einige. Aller friedlich und frei, aber nicht zu verstehen. Bereits am Freitagabend hatte ich ein paar von denen vollgequatscht, aber irgendwie entstand keine Konversation. Die waren zwar nett, aber halt nicht zu verstehen.

Das Stadion selber wirkt – wenn man das alte Millerntor noch kennt – hoch modern. Trotzdem hat man den alten Fanladen irgendwie erhalten, also dort, wo früher Baucontainer standen und Punk aus den Boxen dröhnte. Jetzt gibt es elektronische Drehkreuze, alles wirkt organisiert, aber Ordner und sonstige Servicekräfte sind sehr nett. Das Stadionmagazin kommt, zusammen kopiert, für 1,50 €. Das Astra vom Fass kostet 3,50 €, die Curry 2,50 €. Bezahlkarten gibt es nicht, Einlasskontrollen vor den Stehblöcken auch nicht. Wir stehen auf der Gegengerade (KEIN FUSSBALL DEN FASCHISTEN), es sind viele Kinder da und das Stadion mit ca. 27.00 Zuschauern fast voll. Das Publikum gemischt, aber klar alternativ.

Es ist der Tag der Verabschiedungen. Bartels wechselt nach Bremen, Boll – eine Ikone am Millerntor (und sinnigerweise Polizist) – hört auf. Entsprechend wird gefeiert und für ihn eine beeindruckende Choreografie gemacht. Vorm Spiel wird der Gast noch respektvoll, unter dem Applaus des ganzen Stadions empfangen. Und es wird das Lied der Auer gespielt. Respekt, kein Pfiff, kein gar nix, nur anerkennender Applaus, dass die Gäste für einen bedeutungslosen Kick in so großer Zahl erschienen sind. Und Aue liegt ja nicht gerade bei Eimsbüttel.

Das Spiel ist recht munter, der Support sehr gut und laut. Zur Halbzeit steht es 2-1. Das Tor von Aue verpasse ich, weil nachfüllen. Mehr interessiert, wer aufsteigt. Nachdem es 0-1 für Aalen, machen die ersten Scherze die Runde. Paderborn wolle gar nicht direkt aufsteigen, weil man noch die beiden Spiele gegen den HSV genießen wolle. Später, als Paderborn führt, schmiedet man Pläne für einen spontanen Trip nach Fürth. Irgendwie ist der Tenor aber, gut, dass es hier um nix mehr geht. In der Halbzeit dann auch endlich ein großes ACAB-Transparent der USP, was die ganzen Zeit am Zaun hängen bleibt.

Das Niveau in der Zweiten fällt allerdings ab. Ich hoffe, dass der Fette mit der 6 noch kommt. Zumindest läuft er sich warm. Aue netzt irgendwann dann doch noch ein.

Boll wird unter dem Jubel der Zuschauer und Mitspieler in der 75. Minute ausgewechselt. Die Auswechslung dauert gefühlte  5 Minuten. Ist aber auch egal. Das Spiel ist eh gelaufen, der Fette mit der 6 darf nur noch unter dem Applaus der Tribünen zurück zur Bank und Platz nehmen. Schade. 

Aus. 2-2. Wir hauen ab, während das Stadion noch bleibt und die Spieler feiert, gehen wir zurück zum Hafen zu den Jungs. Ganz großer Sport mal wieder. Auch wenn Pauli mittlerweile ganz großer Kommerz ist, muss ich sagen, dass das ein super Nachmittag war. Millerntor lohnt sich immer. Gute Leute, gute Stimmung – aber meckern tun die da wie überall, wenns mal nicht läuft…

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Schwarzgelbe Grüße von
: Holger