Nach den vielen schönen Touren der
vergangenen Jahre gibt es nicht mehr viele Städte und Stadien in Europa, die
man mit dem BVB in Europa noch wirklich sehen muss. San Siro, Nou Camp, Old
Trafford, danach wird die Luft schon dünn! Das soll ja nicht heißen, dass man
keine Lust mehr auf gesellige Europatouren mit den Freunden des FCs hat, aber
so der letzte Funken, dieses „Wow, da muss ich hin!“ ist nicht mehr die Regel.
Und dann kam die Auslosung zum Viertelfinale, dann kam Anfield! Es gibt ja
wenige Ereignisse im Leben, da weiß man ein Leben lang, wo man gewesen ist, als die Nachricht kam: An
9/11 habe ich mit einem Kumpel eine Gartenhütte gebaut, als Papst Johannes Paul II. zu seinem Chef gerufen wurde, tigerte ich durch Kapstadt und als Molsiris uns am
Leben gelassen hat, stand ich im Real in Duisburg an der Kasse. Als Alex Frei uns im März 2016
Liverpool zugelost hat, habe ich mit meiner Frau in Köln beim Inder
zu meinem Geburtstagsmittagsessen gespeist und mein Handy brummte plötzlich
Amok. Und ohne auch nur eine Sekunde in die What’sApp-Gruppe des Fanclubs zu
schauen, wusste ich, wen uns unsere alte Losfee spendiert hatte. Nach dem
Dessert riskierte ich einen ersten Blick und Teile des Vorstands, die Sektion
Warendorf sowie Nicole schmiedeten bereits Reisepläne. Ich hatte mit der Frau den
Deal, dass ich in der Rückrunde eine Europa-Tour machen würde und diese Karte
hatte war mit Porto schon gezogen. Für mich stand prinzipiell felsenfest, dass
ich nicht nochmal fahren würde, bis…ja bis Anfield seinen Zauber entfachte. An
dieser Stelle daher einen expliziten Dank an meine zauberhafte Gattin, die nach
kurzer Besprechung die Reiseampel auf Grün setzte! Nächste Hürde war die
Kartenvergabe.
Im Angesicht des attraktiven Reiseziels und der begrenzten
Kapazität des Stadions war es klar, dass ein Ticket alles andere als sicher
war. Deshalb wurde mit der Gepflogenheit, erst die Flüge zu buchen und dann auf
die Karte zu spekulieren, kurzerhand gebrochen. Ein paar Tage später kam dann
die Kartenzusage für eigentlich alle, die von uns fahren wollten. Chrissy und Kulla flogen tags zuvor über Manchester (und machten dort schon mal einen drauf), Nicole & ich am Spieltag mit der Frühmaschine nach Birmingham sowie
Manuel und ein Kumpel mit der Mittagsmaschine ebenfalls nach Birmingham (zu den
Sorgen der letzteren beiden im eigenen Beitrag mehr…). Flug und Umstieg in die Bahn an die
Merseyside verliefen optimal, sodass für Nicole und mich noch Zeit blieb, uns
mit Pasty, Cider und Bier für die Fahrt zu versorgen.
In Liverpool war das ausgesprochen
komfortable Hostel (im Namen meiner Bronchen danke ich Manuel, dass wir diesmal keine schwarzen Tepeten hatten...) mit Google Maps ruckzuck gefunden und wir trafen uns mit
den schon bestens gelaunten Warendorfern auf der Matthew Street, wo es in
diversen Pubs bereits hoch her ging. Gegen späten Nachmittag machten wir uns
dann mit der Taxe auf den Weg zu einer Visite des alt ehrwürdigen Goodison
Parks, von wo wir durch den Stanley Park den kurzen Weg nach Anfield antraten. Dort
steuerten wir zielgerichtet den erstbesten Pub (King Harry) an, um auf Temperatur zu
kommen. Immer mehr Reds strömten herein und es entwickelte sich eine herrlich
angenehme Atmosphäre zwischen zwei Fangruppen, die sich mit höchstem Respekt
gegenüber begegneten. Es wurden Schals und noch mehr Pints ausgetauscht, zusammen gelacht und diversen Vereinen und Funktionären die Pest an den Leib gewünscht. Irgendwann ergoss sich die Masse fast wie auf Knopfdruck auf die enge Straße, auf der sich jetzt tausende Fans sammelten.
Minuten später bog der
Mannschaftsbus der Reds um die Kurve und die Meute war nicht mehr zu halten.
Was für eine Stimmung! Schallende Gesänge, Bengalos – das ganze Brimborium. Wer
da als Spieler nicht bis in die Haarspitzen motiviert wird, dem ist nicht mehr
zu helfen. Wir machten uns nun ebenfalls auf den Weg ins Stadion. Wenn die
Jungs da alle richtig mitmachen, kommt das YNWA wirklich gut. Die gute
Anfangsstimmung wurde in den ersten zehn Minuten zu unserer Freude von einem
Sturmlauf in Schwarzgelb jäh unterbrochen und das hätte gern auch so
bleiben dürfen. Aber nach dem Anschlusstreffer zum 2:3 war das Stadion nicht
mehr zu bremsen. Wenn Dir der Putz vom Oberrang auf die Rübe rieselt, dann
weißt Du einfach, dass ein Stadion ein Spiel gewinnen kann.
Die Laune bei uns war entsprechend.
Auf der Suche nach Gründen dackelten wir wieder in den Pub ums Eck und
bedienten uns eines Hilfsmittels der ganz alten Schule: Biertrinken, bis der
Schiedsrichter Schuld hat - und das ging erstaunlich gut! Die britische
Politness tat Ihr Übriges und wir hatten noch einen sehr lustigen Abend. Der Stachel des Ergebnisses saß natürlich trotzdem tief, da half es
auch nichts, dass am anderen Morgen bei der Abreise gefühlt halb Liverpool uns
zu einem großartigen Auftritt auf den Rängen beglückwünschte. Dass auch unsere
Gruppe eine gute Visitenkarte abgegeben haben, zeigt die Tatsache, dass vier
Jungs aus Liverpool zum Supercup gegen die Tiroler bei uns zu Gast sein werden.
Schauen wir also mal, wo uns die
Losfee als nächstes hinführen wird. Dann wieder in der Champagner-Liga. Wegen
so Kleinigkeiten wie dem Erwerb des Eigenheims habe ich nicht vor, in der
Hinrunde eine Europa-Tour zu machen - wahrscheinlich bis irgendein Altgedienter
den FC Barcelona aus der Lostrommel zieht ;-)
P.S.: Sollte jemand mal nach
Liverpool kommen, geben wir den guten gemeinten Rat, niemals zu Bon Jovi auf einem
Barhocker zu tanzen!
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Schwarzgelbe Grüße von: Basse mit Nicole, Chrissy & dem
Kulla Sepp