Freitag, 14. August 2015

Klagenfurt (Wolfsberger AC)

1.000 km bis zu Sieg


Vorgeschichte:
Mitten in der x-tel Qualifikationsrunde (also zwischen Hin- und Rückspiel) wurde gelost und der Gegner für unseren ersten EL-Auftritt seit Jahren fast festgelegt: Irgendwas weißrussisches oder Wolfsberg, ein Nest in Österreich mit ca. 25.000 Einwohnern. Zum Glück setzten sich letztere durch und wir konnten spontan eine Cabriotour nach Klagenfurt machen, wo das Spiel stattfand.
Auf Nachfrage teilte mir meine Versicherung mit, dass ich spontan keinen zweiten Fahrer anmelden könne. Denen scheint es nicht so wichtig zu sein, dass nix kaputt geht oder ein paar Euros extra einzunehmen.
Kartenkaufen wird wahrscheinlich nie wieder so einfach sein. Also stand dem Trip nichts mehr im Wege außer zwei Tage genehmigten Urlaubs, die es dann zum Glück auch noch gab.

Hinweg:
Am Mittwoch nach dem Feierabend ging‘s erstmal bis zu einem Kaff in Franken, wo wir zünftig speisten und den Halben gab‘s für faire 2,60 dazu. Am nächsten Morgen ging‘s dann nach Sankt Primus am See, weil in Klagenfurt Beachvolleyball-EM war und es keine Zimmer mehr da gab. Kurz hinter der mittlerweile unsichtbaren Grenze ist ein kleiner Ort „B. am Inn“ ausgeschildert. Dass dort immer noch Psychopathen geboren werden, bestätigen die Lokalnachrichten, wo von einem Sohn berichtet wurde, der nachts mit der Kettensäge im elterlichen Schlafzimmer stand… Ansonsten haben die wirklich die lustigeren (Orts)Namen. Unsere Favoriten sind „Kulm am Zirbitz“ und „Klaus an der Pyhrnbahn“.
Nach ziemlich genau 1.000 km sind wir am Ziel; dann einchecken weiter geht’s zum empfohlenen Messeparkplatz in Klagenfurt mit Shuttleservice. Beim Abendessen in Klagenfurt davor sehen wir viel Schwarzgelb.

In den Bergen:
Der Shuttleservice ist sehr gut. Das Stadion liegt in einer Wohngegend. Dort gibt es auch einige Buden, die ausschließlich von unserem Anhang bevölkert werden. Wir machen noch ein Beweisfoto vor dem „Sportpark Klagenfurt“, wobei ich meine Eintrittskarte verliere. 1.000 km für den A…? Zum Glück liegt die kurz danach immer noch im Gras.

Adrenalin habe ich damit genug für diesen Abend im Blut. Gehöre damit allerdings zu einer Minderheit im Stadion. Die Mehrheit sind eh einheimische Interessenten die unseren – wie der Sprecher sagt – „geilen“ Verein mal live sehen wollen. Eine Hand voll abenteuerlustiger Wolfsberger haben sich doch tatsächlich die Ochsentour von 40 Minuten Autofahrt auf sich genommen, um ihr Team zu unterstützen. Entsprechend mau ist die Stimmung.
Das Spiel hat einen absoluten Höhepunkt kurz vor Schluss, als ein Flitzer aufs Spielfeld läuft, sich aber niemand dazu berufen fühlt, ihn auf den rechten Weg zurückzubringen. Pünktlich zum Abpfiff fängt es an, aus Eimern zu kübeln und passenderweise klappt der Shuttleservice nur sehr schleppend. Als wir wieder am Auto sind, hört es auf. Na toll.
Am nächsten Tag gehen wir zunächst Wandern auf den Hochobir. Der Gipfel ist exakt nur in der Zeit voller Wolken, als wir oben sind. Für meine Knie ist das nichts mehr: Der Aufstieg ist zwar anstrengend, macht aber Spaß und man merkt‘s auch noch nach ein paar Tagen. Absteigen machen keinen Spaß. So manch andere bestätigen das bestimmt...
Abends bei herrlichstem Wetter besuchen wir nochmals Klagenfurt.

Die Rückreise:
Wir sagen die letzte Nacht ab, da wir noch über die Großglocknerstraße wollen. Am Wörthersee entlang zu einem lustigen Aussichtsturm („Pyramidenkogel“), zum Schloss am Wörthersee, wo der Kopf von Roy Schwarz vorsteht und zum Kirchtag in Villach sorgen für ein volles Programm bei immer noch richtig gutem Wetter. Auf der Großglocknerstraße ist dann alles leider voller Wolken.
Den Abend verbringen wir bei einer niedlichen Omi in Fusch. Am nächsten Tag fahre ich zum ersten mal 836 km am Stück. Und dank des Rückreiseverkehrs sind wir auch nur etwas mehr als zwölf Stunden unterwegs.

Fazit:
Ein super Trip, nur leider an den entscheidenden Stellen mit dem falschen Wetter. Machte Lust auf den nächsten Trip, brauche ich dazu mehr Urlaub…

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Schwarzgelbe Grüße von
: Manu und Harlad

Samstag, 6. Juni 2015

Eine Reise ins Fürstentum

Sonntag, 22.03.2015, FC Vaduz – FC St. Gallen, 3:1

Skifreier Tag und was gibt es da nicht besseres, als sich irgendwo einen netten Ground in der Umgebung zu suchen. Nach dem der Wettergott im letzten Jahr unseren geplanten Besuch beim FC Südtirol in Bozen zunichte gemacht hatte, in dem er uns kurzerhand einschneien ließ, hofften wir nun in diesem Jahr auf bessere Bedingungen.
Der Weg sollte uns in diesem Jahr nach Liechtenstein führen. Dort ist der FC Vaduz beheimatet, der derzeit in der Schweizer Super League spielt. Gespielt wird im Rheinpark Stadion, was zugleich auch die Heimstätte der Liechtensteiner Nationalmannschaft ist und somit den höchsten UEFA-Kriterien gehorcht. Das Stadion umfasst 7.838 Plätze und liegt direkt am Rhein, am Fuße vom Schloss Vaduz.



Der FC Vaduz ist ein Traditionsverein, gegründet 1932 und Serienpokalsieger des Liechtensteiner Fußballverbandes. Der Verein pendelt seit Jahren zwischen der ersten und zweiten Schweizer Liga.

An diesem Wochenende stand nun das Derby gegen den FC St. Gallen an. Mats und ich sicherten uns vorsorglich Tickets im Vorfeld. Der Sitzer auf der Tribüne hinterm Tor kostete 25,00 CHF, Kinder bis 10 Jahren haben freien Eintritt.

Wir hatten einen ca. zweistündigen Anreiseweg von Südtirol inklusive einiger Maut-Stationen, fast durchgängig über die Vorarlberg-Autobahn. Vaduz erreichten wir dann auch planmäßig. Die Stadt ist eher beschaulich – wie das ganze Fürstentum. Geparkt wurde auf dem Parkplatz der örtlichen Sparkasse zum Nulltarif.  Das Stadion liegt sehr idyllisch in den Rheinauen. Das Bild wurde ganz klar von den Grün-Schwarzen, den Fans des FC St. Gallen dominiert. 5.500 Zuschauer waren dann letztlich beim Spiel zu Gast.

Der Schal mit satten 25,00 CHF entpuppte sich nun nicht gerade als Schnapper, aber gut, was solls. Dafür bekam Mats noch ein aktuelles Mannschaftsposter gratis dazu.

Im Stadion selber herrschte freie Platzwahl. Unter der Tribüne gibt es eine kleine Fankneipe, dazu zwei Verkaufsstände, an den die üblichen Speisen und Getränke, allerdings auch zu den üblichen (Über-)Konditionen verkauft werden. Wir ließen uns im äußeren Bereich unserer Tribüne nieder. In der Mitte hinterm Tor befand sich der Ultra-Block der Vaduzer, die auch ganz gut Alarm machten. St. Gallen nahm die komplette Tribüne auf der anderen Seite hinterm Tor ein, selbstverständlich ebenfalls mit sehr gutem und lautem Support.

Das Spiel war unterhaltsam, wenn auch nicht auf allerhöchstem Niveau. Man merkte das beide Mannschaften Heiß waren und auch gleich mit dem nötigen, körperlichen Einsatz zu Werke gingen. Technisch und vom Tempo her war es nicht unbedingt erstligatauglich, aber egal. Es ging gut hin und her  und zur Halbzeit führte Vaduz 2:0. Mit dem 3:0 schien das Spiel dann auch durch, bevor kurz vor Schluss, mit dem Anschluss durch St. Gallen, im tiefsten Inneren noch mal so etwas wie Spannung aufzukeimen drohte. Unmittelbar vor dem Schlusspfiff hatten die St. Galler wohl registriert, dass das Spiel durch war und entschlossen sich kurz, noch mal etwas Hektik rein zu bringen. Nach einigen Scharmützeln mit der Heimtribüne auf der Geraden, folgte eine Art versuchter Blocksturm, der aber von den Sicherheitskräften unterbunden wurde.
Auch der Einsatz von ordentlich Pyro fehlte nicht während des Spiels. Im Gefühl des sicheren Derbysiegs nebelten die Vaduzer die Tribüne kurzerhand in roten Nebel, was besonders Mats faszinierte… Auch die Gegenseite setze ordentlich Rauch – hier selbstverständlich in grün – ein. Nach dem Spiel gabs für die Gäste eine halbstündige Blocksperre, was in der Schweiz aber wohl völlig normal ist und nicht den Aussetzern kurz vor Schluss geschuldet war.

Der Heimweg verlief wieder völlig stressfrei. Ist schon ein Unterschied, ob 5.500 Leute ein Stadion verlassen oder 80.000…

Die Tour war wirklich cool und hat sich gelohnt!

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Schwarzgelbe Grüße von
: Holger und Mats

Dienstag, 26. Mai 2015

Brägele, die Lange Rote, Ganter und Drei Punkte

06.02.2015 - 08.02.2015 Schwarz-Gelbsucht in Freiburg
07.02.2015, Stadion an der Dreisam, SC Freiburg - BVB 0:3


Endlich sollte es also mal mit einer Tour nach Freiburg klappen. Und da Freiburg ja auch so ganz sehenswert sein sollte, entschloss wir – Marcel, Laura, Eva und Holger –uns  gleich mal dazu, ein ganzes Wochenende dort zu verbringen.

So sollte es am Freitag, 06.02. losgehen. Gefahren wurde mit der Deutschen Bahn. Kaum auf dem Gleis, durften wir erfahren, dass unser EuroCity nach Freiburg ausfallen sollte. Herzlichen Glückwunsch, da plant man zweimal im Jahr eine längere Reise mit der Bahn und greift jedes Mal ins Klo. Doch Glück im Unglück: während noch hektisch nach Alternativverbindungen gesucht wurde und man fluchend vorm Infopunkt der Bahn wartete, wartete die Bahn gleich mal mit einer schnellen Lösung auf. So konnten wir den EC doch noch mit dem RE in Essen erreichen und unsere geplante Reise – leicht verspätet antreten. Im Zug lagen unsere Plätze dann gleich neben einigen Gleichgesinnten aus Münster. Schnell kam man ins Gespräch und schnell wurden die ersten Kaltgetränke ausgetauscht, so dass die eigentlich lange Fahrt ungeplant feucht fröhlich und kurzweilig verlaufen sollte. In Bonn stiegen dann Laura und Marcel in den hoffnungslos überfüllten Zug zu. Gegen 15.30 Uhr erreichten wir Freiburg und suchten gleich mal – nachdem wir noch ein paar sanifairs am Bahnhof gesammelt hatten – das erste Brauhaus auf. Dort sollte es erst mal Zünftiges auf die Gabel und leckeren Haustrunk auf die Leber geben…

Nach einer kurzen Stippvisite in der Stadt und einigen Warm-up-Picher in der Markthalle, landeten wir im Schlappen. Die Kneipe wurde uns von mehreren Seite empfohlen und wir sollten auch nicht enttäuscht werden. Im Schlappen war es brechend voll, doch glücklicherweise trafen wir dort auf 2 andere Borussen, die wir vorher im Restaurant mit an unseren Tisch gelassen hatten, wieder und diese revanchierten sich nun hier  und luden uns zu sich an den Tisch ein. Man kam munter ins Gespräch und wie der Teufel es wollte kam, der eine aus Bonn und der andere hatte denselben Arbeitgeber wie Eva. Nach vielen leckeren Gantern verließen wir den Laden und suchten uns noch was zu zappeln. Der Weg sollte uns in einen etwas bizarren Laden führen, wo wir immer noch rätseln, was deren Geschäftsmodell wohl war…

Der nächste Tag begann erst mal damit, die Schwarz-Gelbsucht-Fahne aus dem Hotelfenster zu hängen. Man hatte uns vorher geraten, möglichst nur das nötigste mit ins Stadion zu nehmen, da der Sicherheitsdienst sehr streng sei und der SCF relativ wenig Material für Gäste zulassen würde, inklusive bleifreiem Stoff, versteht sich. Um 11 Uhr stand eine Stadtführung auf dem Programm. Das Publikum war recht durchmischt. „Sie sind aber mutig“, „…so weit fahren Sie…“ waren die anerkennend und eher Mitleid bekundenden Kommentaren eines älteren Herrn unserer Gruppe. Egal, wir waren sicher, dass es heute klappen würde. Naja, wir hofften, dass es heute irgendwie klappen würde, weil sonst… Unsere Angst vor der Niederlage konterten wir mit dem Gedanken, dass wir nächstes Jahr montags eine Stadtführung in Aue machen könnten… Gelächter, aber innerlich auch Angst. Garantiert. Die Stadt ist wirklich sehenswert und die Führung war auch wirklich empfehlenswert. Nach 1,5 Stunden wars vorbei. Die heiße Phase vorm Spiel begann, die Nervosität musste dringend begantert werden. Schnell noch eine Lange Rote reingestellt und fortan an fand man Platz im namensgleichen Brauhaus in zentraler Lage. Mit jedem Glas wich die Nervosität und ein kleines Fünkchen biergeschwängerte Zuversicht wuchs. Während Laura lieber eine ruhige Kugel schob, machten sich Marcel, Eva und Holger mit der Straßenbahn auf den Weg zum Dreisamstadion. In der Bahn gemischtes Publikum und es entwickelten sich nette Gespräche. Alles in allem muss man sagen, dass die Stimmung sehr freundlich war und die Freiburger uns sehr nett willkommen hießen. Das Stadion liegt klassisch in einem Wohngebiet, in der Nähe zur Dreisam und umringt vom Schwarzwald.
Ein wahres Schmuckkästchen, dessen Tage aber leider gezählt sind. In absehbarer Zeit wird ein neues Stadion am entgegengesetzten Ende der Stadt entstehen, unwesentlich größer, aber natürlich abseits irgendwo „auf der grünen Wiese“. Am Stadion gab es EINEN Kiosk der Pils ausschenkte. Das gute Tannhäuser Tannenzäpfle. Als wir an der Reihe waren, bekamen wir den freundlichen Hinweis vom Personal „trinkt ordentlich, drinnen gibt’s nix mehr für Euch“. Was wir dann auch taten, bevor wir zum Anpfiff unsere Tribüne erreichten. Die Stimmung war wie immer auswärts sehr gut. Das Spiel tat sein übriges dazu bei und so bahnte sich tatsächlich ein langersehnter, entspannter Fußballnachmittag an. Das Spiel lief, wie man es sich erträumt hatte und wie man es schon lange vorher nicht mehr erlebt hatte.
Nach Spielschluss und allen Feierlichkeiten im Block, suchten wir noch mal den Kiosk unseres Vertrauens auf und ließen den Besuch im Dreisamstadion gebührend ausklingen. Mit Laura waren wir in unserem Hotel verabredet. Natürlich ließen wir es uns nicht nehmen in schwarzgelber Montur die Hotelbar/Restaurant aufzusuchen, um nach ein kleines Kaltgetränk zu erhaschen. Da gerade scheinbar ein mehrgängiges Menü einer Möchtergern-Schicki-Micki –Gesellschaft kredenzt wurde, wurden wir entsprechend begeistert empfangen. Dass man uns nach Ausgabe der Pilspullen nicht verbal gebeten hat, den Raum zügig zu verlassen, wundert uns bis heute….Egal, zu viert vereint, suchten wir ein Wirtshaus, um noch ein zünftiges badisches Mahl zu uns zu nehmen. Das war gar nicht so einfach, denn es war Samstagabend und die Lokale der Stadt nahezu voll. Schließlich landeten wir wieder im Brauhaus unseres Vertrauens, Ganter, die auch eine zünftige Speisekarte boten. Nach sehr gutem Essen, einigen Vasen Ganter, suchten wir erneut den Schlappen auf. Das Publikum war gemischt und man kam schnell mit ein paar freundlichen Freiburgern ins Gespräch und konnte das Spiel noch mal ausdiskutieren. Der Fußballsachverstand war jedoch klar auf unserer Seite (ich sag nur FC Freiburg -> Deutscher Meister 1907…) und die gewonnene Wette von Holger mit einem Freiburger wartet noch auf die Einlösung des Gewinns…

Nach einiger Zeit zogen wir weiter. Man hatte uns noch eine zweite Lokalität, Eimer, empfohlen. Den fanden wir nach einigem Suchen auch, doch sagte uns das (schwarzgelbe) Publikum nicht sonderlich zu. Da war eher die Fraktion „Stress“ vertreten und so zogen wir ein Haus weiter und ließen den ereignisreichen Tag bei ein paar Gantern ausklingen.

Der Sonntag präsentierte uns Freiburg unter einer leichten Schneedecke. Auch schön. Auf gings zum Bahnhof und zurück in die Fußballhauptstadt. Drei Punkte im Sack und das Gefühl, wir sind wieder wer…

Freiburg – absolut top! Eine Reise wert und wir werden nicht zum letzten Mal dort gewesen sein.

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Schwarzgelbe Grüße von
: Eva, Marcel und Holger

1909% BVB

Sonntag, 19. April 2015

Wir lagen träumend im Gras...

Vorgeschichte:
„Juhu Turin“, dachten wir alle, als das Los gezogen wurde. Endlich mal nicht so weit. Aber der Verein machte uns einen Strich durch die Rechnung. Keine Karten. Und ich hatte meine letzten drei Tage Resturlaub dafür eingeplant und eingereicht. Unser Auswärtsirrer hatte über dubiose Kanäle eine Karte organisiert und eine Ich-Flieg-Von-Irgendwo-Nach-Irgendwo-Bloß-Nicht-Von-Daheim-Zum-Ziel-Tour (Auto nach Weeze, Flug nach Bergamo, Leihwagen nach Mailand und dann nach Turin) gebastelt und ein paar andere Bekannte wollten unbedingt eine Ochsentour mit dem Bus machen. Ich bekam tatsächliche eine Karte über unsere Lieblingshotline. Aber allein? Fast wär mir die Lust vergangen…

Auf ins Piemont:
Ich hatte einen Flug von Eindhoven direkt nach Turin gebucht für schlappe 100 Piepen – hin UND rück versteht sich. Also richtig Geld sparen ließ sich mit dem der Busgurkerei nicht wirklich. Einzig die Flugzeiten waren nicht grade optimal: Am Dienstag um 4:00 Uhr ging es daheim los. In Deutschland ist da auf den Straßen absolut nichts los. Eine Stunde später bin ich auch schon bei unseren entspannten Nachbarn. Auf der Autobahn um diese Zeit befinden sich in den Niederlanden offenbar ausschließlich LKW. Eindhoven scheint die Stadt „Der-frühe-Vogel-kann-mich-mal“ zu sein. Autos oder Fußgänger – Fehlanzeige. Vor 6:00 hatte ich bereits den Wagen verlassen. Köln-Bonn ist kaum näher.
Am Flughafen sah ich nur fünf Turin-Fans mit Joggingbuxen und einer schlauerweise in schwarz-gelb. Diese wähnten sich in der Überzahl und stimmten kurz ein Fangesang ein, als sie mich sahen. Konnte es sein, dass niemand auf die gleiche Idee wie ich gekommen war? Im Flieger sah ich dann plötzlich fast nur noch richtiges schwarz-gelb. Ich hatte offenbar ein Topplos beim Sitzplatz gezogen: Neben mir ein Stinker und als ich grade Platz genommen hatte, kam ein richtig Fetter Typ für den anderen Platz. Unaufgefordert gibt ihm die Stewardess (die Saftschubsen sind von der Kleidung irgendwo zwischen Küchenpersonal und Putzfrau angesiedelt) eine Gurtverlängerung – eigentlich überflüssig, denn er war ja mit seinem Wanst am Vordersitz arretiert.
Nach der Landung bekommt man eine wundervolle Kulisse geboten: Die Hälfte des Flughafens ist vom Alpenpanorama eingerahmt. Durch hässliche Vororte geht es in die doch recht schöne und vor allem pompöse Stadt. Vor 5 Jahren war ich mit meiner Frau schon hier und erinnere mich an einige Stellen. Auch gegen Turin war ich schon in Italien. Vor genau ziemlich 20 Jahren. Allerdings hatten die damals ein Heimspielverbot und mussten im altehrwürdigen San Siro Stadion in Mailand ran.
Als ich mit meinem schwarz-gelben Schal über den Markt laufe, ruft mir ein Händler „Dschiro, Dschiro“ hinterher und auch sonst alles eher eine freundliche Atmosphäre. Und so geht es weiter: Die befürchtete Langeweile ergibt sich nicht: Zunächst treffe ich den ersten Michael von meinem Trip nach Donezk. Wir trinken ein paar 0,33 Pils und mit dem Aufdruck „since 1997“ tun auch die 5 Euro nicht weh. Danach treffe ich den zweiten Michael von meinem Trip nach Donezk. Zwei Jahre ist der nun her und können uns kaum vorstellen, dass das heut nicht mehr möglich ist. Unser Mitgefühl ist bei diesen Menschen. Diesmal gibt es 0,5 Liter Wein für ebenfalls fünf Euro und dazu Gläser mit Aufdruck Dortmunder Union. Sehr schön.
Die Organisation des 25-minütigen Bustransports der Fans zum Stadion ist sehr gut. Leider spielt Juve im neuen Juventus-Stadion, denn das Stadio delle Alpi wurde abgerissen. Die Namen auf den Eintrittskarten werden tatsächlich mit den Ausweisen abgeglichen. Die Stimmung ist eher schlapp. Ein paar Idioten versuchen den unseren Anhang mit Gesängen und Transparenten zu provozieren. Große Feierei nach einem Sieg ist da wohl nicht angesagt. Mehr gibt es eigentlich nicht zu berichten. Ich lerne vier Jungs von einem Fanclub aus Schöppingen kennen, mit denen ich die Heimreise antrete. Nach der Blocksperre geht’s zurück. Nach ca. vier Stunden auf dem Trockenen haben alle Brand, aber auch nach so einem Ereignis herrscht auf dem gesamten ca. 30-minütigen Fußweg vom Busstopp bis zum Hotel durch die gesamte Turiner Innenstadt tote Hose. Mein Hotel - das Frühstück und die Lage sind großartig - kann ich euch empfehlen!
Da ich durch den Flugplan einen Drei-Tagestrip gebucht habe, kann ich am nächsten Tag ausgiebig die Sonne genießen. Bis ich mittags meine neuen Freunde aus dem westlichen Müsterland treffe. Da die Aussichtsplattform des vor ein paar hundert Jahren noch höchsten Gebäudes der Welt gesperrt ist, machen wir es uns mit ein paar Pils am Fluss gemütlich. Es gibt noch ein obligatorisches „Finger-im-Po-Foto“ und dann müssen wir weiter, denn Cafés oder ähnliches am Fluss gibt es keine. Wir essen später noch in dem laut Tripadvisor besten Laden Turins ein paar Baguettes. Ein kleines Bier dort kostet zwei Euro, ein großes zwei fufzich. Wir wollen grade gehen, da fragt man uns: „Ihr habt doch ein großes Bier zum Baguette bestellt, oder?“ „Ja.“ „Dann bekommt ihr noch jeder ein kleines Nutella-Baguette.“ Na das hätte ich in Italien nicht erwartet. Dann werde ich zu den Jungs in ihre Ferienwohnung eingeladen. Durch ein kleines Ghetto kommen wir schnell dorthin. Als ich dann höre „jetzt lernst du den Luigi kennen“, frage ich mich ob ich mir Sorgen machen muss. Aber es handelt sich nur um ein lustiges Saufspiel. Auf dem Heimweg sind bereits wieder alle Bürgersteige hochgeklappt, dabei ist es noch nicht mal spät.
Am nächsten Tag geht es nach dem Frühstück zum Bahnhof und dann zum Flughafen. „Wir lagen träumend im Gras“ draußen in der Sonne und warteten auf den Abflug. Nach Teneriffa am Samstag innerhalb von fünf Tagen das zweite Mal von der Sonne in den Regen. In Dortmund ist’s trotzdem am schönsten!

Fazit:
Bis auf das Ergebnis ein guter Trip. Die Stadt ist auch eine Reise wert. Da es höchstwahrscheinlich auf Jahre die letzte Möglichkeit war, internationale Luft zu schnuppern, bin ich froh, es gemacht zu haben.
Schöne Grüße an die Schöppinger Berg-Borussen!

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Schwarzgelbe Grüße von
: Manu



Mittwoch, 25. Februar 2015

Ein Grotifant auf Aspirin



31.01.2015, 14:00 Uhr, KFC Uerdingen – 1.FC Köln II 0-0,
Grotenburg Stadion
31.01.2015 18:30 Uhr, Bayer 04 Leverkusen – Borussia Dortmund 0-0,
Ulrich-Haberland-Stadion


Der fußballerische Start ins neue Jahr sollte gleich mit einer Reise zu den Pillen nach Legokusen beginnen. Das Spiel war auf Samstagabend angesetzt worden und da der DFB für diesen Tag gleich noch ein paar Nachholspiele der Regionalliga West gelegt hatte, entschlossen wir uns, auf dem Weg nach Leverkusen, gleich noch zu einem Besuch in der Grotenburgkampfbahn in Krefeld. Dort sollte der Leckerbissen KFC Uerdingen gegen 1.FC Köln II auf uns warten und somit ein Besuch beim legendären Grotifanten.
Unsere Reisegruppe nach Leverkusen war, trotz allgemeiner Kartenknappheit, mit 13 Personen recht groß. Trotzdem wollten die Zeitreise zu den Ex-Pillen nach Uerdingen mit Mo, Basse und Holger nur 3 Schwarz-Gelbsüchtige antreten.
Nach gesundem Vollkornsprudel am Dortmunder Bahnhof gings um 12 Uhr los. Basse sollte dann in Essen zu uns stoßen. Der Umstieg in Duisburg verlief, wie erwarten, da auch das Blaukraut bereits auf den Beinen war. Entsprechend euphorisch wurden wir von einigen blauen Intelligenzbestien begrüßt, die aber mit ihrem niveauvollen Gesülz bei uns auf taube Ohren stießen. Weiter gings mit der Bahn nach Krefeld, wo wir gleiche von einem Sportskammeraden mit einem langgezogenen Eyyyyyy begrüßt wurde. Das hatten wir aber leider nicht exklusiv, denn jeder Zuggast wurde von ihm so begrüßt. Eine echte Knalltüte der Typ und im ersten Moment dachten wir, der Typ hätte einfach seinen Zug nach Gelsenkirchen verpasst…
Den Bahnhof in Krefeld-Oppum erreichten wir nach kurzer Fahrtzeit, wo wir gleich auf die ersten Groundhopper trafen. Nicht die letzten an diesem Tag, wie sich bald herausstellen sollte. Nach ca. 20 minütigem Fußweg erreicht wir die alt ehrwürdige Kampfbahn!

Der Zahn der Zeit hatte sichtlich an diesem Schmuckkästchen genagt. 2 Tribünen sind mittlerweile gesperrt und der Zuschauerzuspruch, laut einheimischer Fans, auch eher trist. Dementsprechend waren auch nur ein paar Heimblöcke auf der Haupttribüne geöffnet. Der Gästeblock war nahezu leer. Von den handgezählten 15 Personen war der Großteil auf der Durchreise nach Leverkusen und entsprechend schwarzgelb gekleidet. Bei leckerer Bratwurst und süffigem Lagerbier jubelten wir dann dem Grotifanten zu, der die Massen einpeitschte und die Spieler aufs Feld begleitete. Der Support der Heimfans beschränkte sich auf ein K-F-C oder wir Sportskamerad Mo es sinnigerweise immer wieder als S-G-E wahrnahm… Da hatte wohl das Lagerbier die Sinnesorgane etwas irritiert…
Das Spiel plätscherte vor sich hin. Ein echter Leckerbissen zum Start ins neue Fußballjahr. Das Niveau war dermaßen auf Grasnarbenhöhe, dass man getrost später weiter nach Legokusen fahren konnte. Schlimmer konnte es selbst dort nicht werden… Am Ende spendierten uns beide Teams ein 0-0.

Kurz vor dem Abpfiff mussten wr das Stadion verlassen, um unseren Zug nach Duisburg zu bekommen. Bevor wir die Beine in die Hand nahmen, legten wir an der Tanke gegenüber noch einen kurzen Zwischenstopp ein. Ein Auswärtsspiel und das dänische Büchsenbier geht mittlerweile nicht mehr und somit deckten wir uns noch schnell mit Faxe Extra Strong ein. Der Zug wurde pünktlich erreicht und am Bahnhof wartete bereits Eyyyyyy von der Hinfahrt auf uns.

Leverkusen erreichten wir fast zeitgleich mit der zweiten Reisegruppe. Gemeinsam und biergeschwängert ging es gleich im  großen Tross gen Pillendose. Irgendwie war Leverkusen fest in schwarzgelber Hand, aber das ist ja bei unseren Gastspielen nichts Neues. Vorm Block trennten sich unsere Weg, da irgendwie alle in kleineren Gruppe verteilt im Stadion saßen. Das Spiel war kein wirklicher Leckerbissen, aber besser als in Uerdingen. Der Abwehrriegel stand und die Pillen waren nicht wirklich stark. Der Support in schwarzgelb war mal wieder aller Ehren wert. Am Ende wieder ein 0-0 und das zum zweiten Mal am heutigen Tag. Naja, wir konnten mit dem Punkt leben, auch wenn es den Sturz auf den letzten Platz für uns bedeutete. Naja, wird schon, so der allgemeine Glaube auf dem Rückweg.

Wir erreichten zeitig den Sonderzug nach Dortmund, der bereits gut gefüllt auf die Abfahrt wartete. Im Zug trafen wir dann auch Teile aus der anderen Reisegruppe wieder und es entwickelte sich eine gewohnt lustige Rückfahrt. Das gesamte schwarzgelbe Liedgut wurde durchgesungen. Insbesondere die Lobpreisungen auf einen ehemaligen blauen Dänen, seines Zeichens legendärer 4-Minuten-Meister sowie die Umschreibung seiner sexueller Vorlieben in allen möglichen Varianten schien unendlich. Wirklich, ganz großer und niveauvoller Sport an diesem Tag!
Dortmund wurde gegen 22 Uhr erreicht und einige von uns machten sich auf, die Stadt noch mal auf links zu drehen…

Gestartet in froher Erwartung, das alles besser wird. Am Ende mit einem Punkt glücklich, trotz roter Laterne. Spaß gehabt, den Grotifanten gesehen und am nächsten Morgen definitiv Lust auf Aspirin gehabt – was will man mehr…

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Schwarzgelbe Grüße von
: Holger, Basse & Mo

Freitag, 23. Januar 2015

Inselhopping: Drei Tage, vier Grounds


Groundhopping auf der Insel, 17.-19. Januar 2015:
Derby County – Nottingham Forest 1:2, iPro Stadium
Sheffield Wednesday – Bolton Wanderers 1:2, Hillsborough Stadium
West Ham United – Hull City 3:0, Upton Park



London Calling

Samstagmorgen, 3.30 Uhr: Kaum geschlafen, der Wecker klingelt trotzdem. 
4:15 Uhr: In der Tremoniastraße fährt das vorbestellte Taxi vor, das uns zum Dortmunder Hauptbahnhof fährt. 
7:00 Uhr: Der Flieger beschleunigt auf der Startbahn des Düsseldorfer Flughafens. Auf geht’s Richtung Insel.  Das erste Erfrischungsgetränk gibt es auf halber Strecke – der Tag wird noch lang genug werden.
8:45 Uhr: Wir erreichen King‘s Cross. Da unser Hotel leider keinen Gepäckservice anbietet und unser Check-in erst um 12 Uhr möglich ist, deponieren wir unser Gepäck kostengünstig im Gepäckdepot am St. Pancras für wirklich faire zehn Pfund. Pro Gepäckstück versteht sich. Egal, schnell akzeptieren wir, dass Geld an diesem Wochenende keine Rolle spielen darf.


The Rams meets Forest
 
10:00 Uhr: Wir sitzen im East-Midlands-Zug nach Derby. Zum Derby. Kurz nach High Noon steht dort das erste Spiel an diesem Tag auf dem Programm: Derby County empfängt den Nachbarn, Traditionsverein und zweimaligen Landesmeister-Cupsieger Nottingham Forest. 
11:30 Uhr: Nach 1,5 Stunden Fahrtzeit durch Schnee und Eis und weiteren Erfrischungspatronen im Zug – in England wird zu fanfreundlichen Preisen Dosenbier in den Zügen verkauft – erreichen wir Derby. Das Stadion liegt etwa 15 Gehminuten vom Bahnhof entfernt in einem Industriegebiet. Das iPro Stadium (früher Pride Park) wurde 1997 eröffnet, dementsprechend handelt es sich um eine dieser neuen, lieblosen Blechkisten irgendwo außerhalb. Leider gibt es daher auch wenig Pubkultur rund ums Stadion. Da wir sowieso knapp in der Zeit liegen, schmerzte das nicht sonderlich. Wir entschließen uns, im Stadion noch eins zu nehmen. Mit Fanshop und Anstehen wird es letztlich aber so knapp, dass wir die Hülse auf die Halbzeit vertagen musste.

Vor dem Spiel hatten wir gehofft, dass wir wenigstens in einem Derby mit etwas Stimmung rechnen konnten und kein Operettenpublikum vorfinden würden – wie inzwischen eher auf der Insel üblich. Doch siehe da: Wir werden mehr als positiv überrascht. Das Stadion ist erwartungsgemäß ausverkauft, der Gästeblock gut gefüllt und die gesamte Heimkurve hinterm Tor peitscht ihre Mannschaft die ganze Zeit nach vorne. Das gleiche tun die Forest-Fans – die Atmosphäre ist klasse und eines Derbys in Derby absolut würdig. Und auch dem dem Spiel kommt die Stimmung zugute, beide Mannschaften geben Vollgas. Derby geht schnell durch ein Eigentor in Führung, Forest scheint angezählt, aber so richtig Zwingendes ergibt sich nicht mehr für Derby, trotz aller Bemühungen. Zur Halbzeit hechten wir in die Katakomben. Die Versorgungsstände sind jedoch hoffnungslos überfüllt, so dass wir unser verdientes Pils – stilecht aus Plastikflasche – im Eiltempo runterstürzen müssen.

Die zweite Halbzeit geht wieder temporeich los, jetzt ist allerdings Forest am Drücker, während Derby merklich dem Tempo der ersten Halbzeit Tribut zollen muss. Folgerichtig fällt der Ausgleich.

Kurz vor 14:00 Uhr: Es läuft die 85. Minute, als wir unserem weiteren Tagesprogramm zuliebe vorzeitig unsere Plätze räumen, um unseren Zug nach Sheffield zu bekommen. Wir machen uns wenig Sorgen, noch groß etwas zu verpassen, beide Mannschaften scheinen sich irgendwie mit dem Ergebnis zu arrangieren. Im Sprinttempo laufen wir den knappen Kilometer zum Bahnhof und erreichen überpünktlich unseren Zug. Schnell versorgt uns ein freundlicher Mensch mit Pils im Zug. Um sicherzugehen, dass wir auch tatsächlich nichts mehr verpasst haben, checken wir kurz das Endergebnis – scheiße, 1:2 für Forest. Tatsächlich doch noch ein Tor in der 3. Minute der Nachspielzeit! Naja, den Zug hätten wir dann wohl locker verpasst und das ganze Programm mit dem Spiel in Sheffield wäre für die Katz gewesen. Zumal sich dort herausstellen wird, dass sich unser pünktliches Erscheinen lohnt…


Ob Regen und Schnee – Sheffield Wednesday Oleeeeee


14:45 Uhr: Wir erreichen Sheffield. Bis zum legendären Hillsborough-Stadion sind es aber noch ein paar Minuten, da es etwas außerhalb des Stadtkerns liegt. Ein Taxi hilft. Sheffield versprüht, als ehemalige Stahl-Hochburg, den Charme mancher herunter gekommener Städte im Ruhrgebiet, wobei der Stadtkern in den letzten Jahren deutlich aufpoliert wurde. Hillsborough liegt jedoch richtig schön passend in einem Industriegebiet. Doch anders als das Stadion in Derby, ist Hillsborough eine richtig alte Schachtel mit einer traurigen Geschichte. Das Stadion wurde 1899 eröffnet und über die Jahre ständig erweitert. 1966 war es Spielstätte bei der WM (u.a. spielte Deutschland dort) und 1989 Schauplatz der Hillsborough-Katastrophe.

15:00 Uhr: Fast auf die Sekunde genau landen wir auf unseren Plätzen auf dem Spion Kop, der letzten Tribüne in England die von Stehplatz in Sitzplatz umgewandelt wurde und idyllisch in einen Hang gebaut liegt. Am Stadion nagt sichtbar der Zahn der Zeit: die Stufen hoch in den Block sind ordentlich kaputt und vermoost, im Stadionumfeld sehen die Gehwege eher wie Seenplatten aus – also ein richtig schöner Ort um guten traditionsreichen und nostalgischen Fußball zu gucken. Vom Spiel hatten wir im Vorfeld nicht viel erwartet, von der Stimmung auch nicht. Auch hier werden wir aber positiv überrascht. 22.000 Zuschauer finden den Weg zum Spiel, auf unserer Tribüne sitzen die  Stimmungsmacher! Wahnsinn, wieder Stimmung in einem englischen Stadion! Pünktlich zum Spiel setzt starker Schneefall ein. Besonders bemerkenswert, aber auch irgendwie typisch, fällt uns ein Typ auf der unüberdachten Tribüne in einer der Ecken auf.  Auf die Entfernung ein Prototyp eines englischen Fans, vermutlich noch Gründungsmitglied der Owls Crime Squad. Bevorzugte Bekleidung des Stiernackens: Nackte Bierplautze vom Feinsten, Schnee und Regen plätschern auf die Fleischmütze. Und das die vollen 90 Minuten. Geiles Schauspiel!

Wir haben uns kaum hingesetzt, da klingelt’s auch schon im Gebälk – und wir wissen, warum sich der vorzeitige Aufbruch in Derby doch gelohnt hat. Die Gäste aus Bolton machen nach eklatantem Abwehrfehler das 1:0, auch das zweite Tor der Wanderers lässt nicht lange auf sich warten. Das Spiel scheint gelaufen, doch Sheffield gibt nicht auf und erzwingt Mitte der ersten Halbzeit einen Elfer, der zum 1:2-Anschlusstreffer führt.

Das Spiel ist kein Leckerbissen, aber der Einsatz stimmt. Es entwickelt sich Kick-and-Rush bei widrigen Platzverhältnissen von aller bester britischer Prägung! Hin- und her und manchmal einfach unfassbar, weil scheinbar einfachste Bälle ins Aus springen, ohne Not. Zur Halbzeit suchen wir die hochmodernen Sanitäranlagen auf. Die Wege bestehen nur aus Wasser, knöcheltief versteht sich, was die Leute und uns aber nicht abhält, den Weg zum Versorgungsstand zu suchen. Badehosen hatten wir dummerweise nicht dabei… Die Halbzeit reicht für ein Kaltgetränk – aus Plastikflasche versteht sich – bevor es wieder hoch den Hügel in unseren Block geht.

In der zweiten Halbzeit reißt der Einsatz nicht ab. Bolton macht wenig, Sheffield viel, aber wenig Effektives. Das Spiel hat es in sich, die Schien- und Wadenbeine fliegen irgendwann durch die Gegend. Rote Karte, Abseitstor, Lattentreffer, Glanzparaden – das Spiel hat wirklich was zu bieten. Am Ende reicht es für Wednesday nicht mehr zum Ausgleich, der durchaus verdient gewesen wäre.

17:00 Uhr: Nach dem Spiel geht’s wieder raus in den Schneematsch. Der Rückweg ist eher zähflüssig und dauert ewig. Die kurze Nacht macht sich bemerkbar. Beim King im Bahnhof wird Zwischenstopp gemacht, ein paar Patronen kaufen wir im Kiosk nebenan. Dann ab in den Zug zurück nach London


Der Mond von Milton Keynes


Die Luft ist fast raus. Wärme, Sitzen, Pils trinken – zwei Stunden bis London – so der Plan. Im Zug fällt gleich eine Gruppe Jungs ins Gesicht, ähnlich wie wir, mit vollen Plastiktüten voll Pils. Einer der Typen ist ein Stiernackennachwuchs aus dem Bildebuch: blanke Birne, fette Plautze und eine Kauleiste, die den Asphalt schon häufiger mal geküsst hat. Schnell ist klar: Die Rückfahrt wird eher unterhaltsam sein. Der Kahlkopf findet einen weiteren Verbündeten aus Bolton, dem er gleich seine Lebensgeschichte aufs Auge drückt, natürlich so, dass es der ganz Zug vernimmt:  Geboren 1994, gezeugt in Magaluf (der Ballermann für Tommies auf Malle), und weil sein Erzeuger von Bolton zur Kindsmutter nach Essex zog, wohnhaft in Milton Keynes. Leider hat der Bursche damit zu kämpfen, dass sein Bauchumfang nicht in der Lage ist, dauerhaft seine Hose zu halten. Da er sich scheinbar auch keinen Gürtel leisten kann, könnte man im Zug auch das Licht ausschalten, ohne dass es dunkel wird: Denn der blanke Mond von Milton Keynes erleuchtet das Abteil taghell.

Im Laufe der Fahrt outen sich noch andere Fangruppierungen im Abteil. Stoke City ist vertreten, AFC Bournemouth auch. Das führt dazu, dass der Stiernacken nun seinen Spaß daran findet, Gesänge anzustimmen – vor allem diesen einen über Posh Spice, die Beschreibung ihrer Oberweite und diverser anderer Vorzüge (oder auch nicht), in Dauerschleife. Der Rest stimmt mit ein.

20:30 Uhr: Zurück in St. Pancras. Dort ist es hell, und den Mond sieht man nicht mehr. Gepäck holen, einchecken und ab nach Hause ins Millers.


Zu Hause is‘ einfach am schönsten


21:45 Uhr: Vorm Millers empfängt uns gleich derselbe Türsteher von einst, der damals schon die Lügengeschichte um den Stuhl der Schande der kleinen Tommies nicht geglaubt hatte. Schnell stellt sich heraus, dass der Gute Verwandtschaft in Recklinghausen hat und somit mit Dortmund sowieso was anfangen konnte. Wie immer, sehr sympathisch… Den ganzen Tag haben wir uns nur aus Weißblechdose oder Plastikflasche ernährt – endlich wartet das erste landestypsiche Getränk in landestypischer Maßeinheit und landestypischem Serviervorschlag auf uns. Herrlich. Das Leben kommt zurück (keine Ahnung, dass wievielte es an diesem Tag)!

Nach 3-6 Getränken geht‘s mit der Bahn nach Camden, Party machen – anwärmen im World’s End, dann abzappeln eine Etage tiefer im Underworld. Beide haben wir uns vorher rausgesucht, weil sie unserem Musikgeschmack zu entsprechen scheinen. Und wir werden nicht enttäuscht. Bis die Hähne hochgeklappt werden, sind wir am Start.

3.00 Uhr Ortszeit: Mehr als 24 Stunden, nachdem in Dortmund der Wecker geklingelt hat, wir unzählige Litern verschiedenster Saftarten zu uns genommen haben und unsere Groundliste um zwei Einträge reicher ist, fallen wir ins Bett.


We are the Firm



Der nächste Tag beginnt ziemlich spät. Der Vortrag hat scheinbar doch an uns gezehrt. Kein Wunder aber egal. Wir schütteln uns kurz, frühstücken und suchen den Weg zur U-Bahn. King‘s Cross bis Upton Park heißt unsere Route. Der legendäre Upton Park in West Ham, im Osten der Stadt gelegen, liegt in seinen letzten Zügen. Die Hammers werden in Kürze ins Olympiastadion nach Stratford umziehen. Damit stirbt definitiv ein weiterer traditionsreicher Tempel englischer Fußballkultur.

Das Stadion liegt typisch eingebettet im Wohnviertel, also so, wie man sich Fußball in England vorstellt. Holger war vor zehn Jahren schon mal bei einem Spiel dort, daher kennt er sich etwas aus und bemerkt gleich, dass sich nichts verändert hat. Zielgerichtet steuern wir dann auch in den ersten Pub, „The Queens“. Endlich: Versiffter Teppichboden, vergilbte Tapete und Frauen (glauben wir zumindest)  hinterm Tresen in der Altersklasse 12-72, die entweder in Joggingklamotten oder körperbetont gekleidet das Pils ausschenken. Eins geht, dann geht’s weiter. Weit ist es nicht.

Unterwegs heißt uns ein Hammers-Fan noch herzlich Willkommen bei den Hammers. Wir gehen allerdings schnell und kopfschüttelnd weiter, als er uns seine Sympathiebekundung zu Pegida entgegenbringt, nachdem wir ihm sagen, woher wir kommen. Sehr peinlich, wir schämen uns echt fremd. Den Besuch im Fanshop verschieben wir auf nach dem Spiel. Wir hatten noch für zwei weitere Deutsche aus Berlin Karten für das Spiel gekauft, da an diesem Wochenende Leute aus dem Tooor.de-Forum einen gemeinsamen Trip nach London gebucht haben. Die Jungs treffen wir im Block, wir kommen gleich ins Gespräch („Danke, dass ihr uns den Ramos für so viel Geld abgekauft habt…“).

Vorm Spiel wird die bekannte West Ham-Hymne „I am forever blowing bubbles“ gespielt, dazu werden Seifenblasen am Spielertunnel ausgeblasen. Sehr geil! Aber wie immer verstummt das Volk nach der Hymne für den Rest des Spiels. Totenstille. Dabei hätte ein bisschen Support dem Spiel wirklich gut getan! Naja, dementsprechend sind wir froh über den Halbzeittee (in Plastik serviert). Die zweite Hälfte entschädigt dann wenigstens mit 3 Toren – das war‘s. Nach dem Spiel sind wir noch mit den Hertha-Jungs noch im „The Boleyn“ auf ein paar Pils verabredet. Dort treffen wir dann auch den Rest der Reisegruppe und feiern noch eine nette After-Match-Party. Um 18 Uhr geht‘s dann mit der Bahn zum Abendessen nach Islington, danach zurück nach Hause ins Millers, wo der Abend dann auch bis zur Sperrstunde ausklingt.


„This Bus Goes To Tottenham Townhall”

Für den Montag haben wir uns zur Zeitüberbrückung bis zum Abflug noch eine Stadiontour an der White Hart Lane in Tottenham gebucht. Mit dem Doppeldecker geht es gefühlte drei Stunden und „This bus goes to Tottenham Townhall“ in Dauerschleife Richtung Stadion. Tottenham liegt im Nordosten Londons. Der große Rivale ist Arsenal, die Stadien liegen ca. 6 km auseinander. Da es ein Montagmorgen im Januar ist, haben wir Glück, denn außer uns verirren sich nur noch zwei Tottenham-Fans (Mann und Frau oder Mann und Tochter, auf jeden Fall war er auch ein großer Freund der kalten Erfrischungsgetränke – und auf einer Fotowand im Spielertunnel mit seinem Hund im Spurs-Trikot verewigt…) aus den Midlands zur Tour.

Die White Hart Lane liegt ebenfalls mitten in einem Wohn- und Geschäftsviertel und wurde über die Jahre sukzessive erweitert. Die Kapazität beträgt jetzt ca. 45.000, die Grenze ist erreicht. Man wird in Kürze quasi an gleicher Stelle neu bauen. Geplant ist ein Stadion mit einer Kapazität von 60.000 Zuschauern, aber weil das Emirates Stadium des großen Rivalen Arsenal ebenfalls 60.000 Zuschauer fasst, hat man den Bauplan noch einmal geändert und wird nun eine Kapazität von 61.000 Zuschauern bauen. Der Neubau soll in 1-2 Jahren beginnen, man wird mindestens eine Saison in einem anderen Stadion spielen müssen, weiß aber noch nicht, wo das sein wird. Definitiv nicht im Emirates, wie man uns versicherte…

Die Tour wird, wie üblich, von einem älteren Herrn durchgeführt, der gleich leuchtende Augen bekommt, als wir unseren Verein outen und von unserer Wochenend-Tour erzählen. Die Tour selbst ist wie viele andere auch. Immerhin kommen wir sehr oft mit dem Herrn ins Gespräch, über (Fußball-)Gott und die (Fußball-)Welt. Als er uns u.a. von den früheren Stehplätzen im Stadion erzählt und wie eng es war, erzählen wir von unseren Dauerkarten auf Süd, der „Yellow Wall“, der Enge und den Bierduschen beim Tor. „Fantastic Crowd in Dortmund. Every time I see them on TV it´s amazing.” Auch weitere Gespräche insbesondere über Steffen Freund, der eine wahnsinnige Wertschätzung im Verein und bei den Fans erfährt und sogar in der Hall of Fame des Clubs ist, sind sehr angenehm. Von 2013 und den schwarzgelben Massen in London war er schwer beeindruckt und gesteht, selbstverständlich uns die Daumen gedrückt zu haben. Wir erklären ihm noch, wie scheiße langweilig Bayern ist und dass unser eigentlicher Feind blaue Trikots trägt. Nach 90 Minuten ist die interessante und kurzweilige Tour vorbei. Mit einem „Good luck for Dortmund“ werden wir Richtung Heathrow entlassen.  

Zwei London Pride am Flughafen noch und dann ab nach Hause. Müde, erschöpft aber glücklich und im sicheren Gefühl, dass das bestimmt nicht unser letzter England-Exkurs war.

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Schwarzgelbe Grüße von
: Holger & Marcel