Da
das Fußballleben nicht immer nur aus Borussia Dortmund bestehen muss,
empfiehlt es sich von Zeit zu Zeit, mal das ein oder andere Spiel im
Ausland zu besuchen. Da trifft es sich natürlich ganz gut, wenn man
einen englischen Arbeitskollegen hat, der sich zu einem sehr guten
Freund entwickelt hat. Nachdem Daniel schon zwei Mal beim Schützenfest
im heimatlichen Sauerland aufgewartet ist, stand nun endlich mal der
Gegenbesuch bei seinen Eltern im mittelenglischen Hinckley bei Leicester
an. Alles andere wäre auch irgendwann unhöflich gewesen, so oft wie ich
von Gail und Rob bei ihren Besuchen in Köln schon eingeladen wurde. Los
ging es Freitagabend von Köln aus nach Stanstead. Rob erwartete uns
bereits am Flughafen und chauffierte Daniel, Manuel (ein weiterer
Arbeitskollege) und mich in die Midlands. Früh zeigte sich, wie
abgebrüht der gemeine Engländer ist. Eine Raucherpause wurde in einer
Nothaltebucht verbracht. Damit die Polizei uns nicht auf die Schliche
kam, schaltete Rob kurzerhand den Warnblinker an und öffnete zur Zierde
noch den Kofferraum. Um kurz vor elf Ortszeit empfing uns Gail schon mit
frisch zubereitetem Spanish Chicken aus dem Ofen. Dazu gab es leckeren
Cider aus allem, was nicht niet- und nagelfest war - Dosen, Flaschen,
Gläsern; erhitzt, gekühlt - die ganze Bandbreite. Um 02:00 Uhr war der
Akku dann aber leer (und die Birne voll) und es ging in die Falle. Der
Samstag sollte der Höhepunkt der Tour werden, stand doch der Besuch im
Fuchsbau an. Rob hatte Karten für das Spiel Leicester City (The Foxes)
gegen Ipswich Town organisiert. Und wir sollten nicht allein sein, aber
dazu später mehr. Zunächst zeigte sich Gail einmal mehr von ihrer
Schokoladenseite und kredenzte den Herren (und natürlich sich) zur
Stärkung ein Full English Breakfast wie aus dem Lehrbuch. Baked Beans,
Pilze, Würstchen, gebackene Tomaten, Spiegelei, normaler Toast und sogar
frittierter Toast grüßten vom Teller und als guter Gast isst man
natürlich artig alles auf.
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Full English Breakfast |
Kein Wunder, dass danach auch die Sonne
schien. Derart gestärkt fühlte man sich bereit für die Dinge, die
bereits am Horizont ihre Schatten voraus warfen. Trikots wurden über
geworfen (aufgrund der indiskutablen Vereinsfarben war ich nur mit Mühe
dazu zu bewegen, mich in einen solchen Stoff zu hüllen) und man wartete
auf das Taxi, dass uns zum Bahnhof bringen sollte. Wie das so ist, kam
und kam es nicht. Kurz vor Ultimo und nach mehreren nervösen Telefonaten
bog der Bulli doch noch um die Ecke und der Fahrer fuhr einen scharfen
Zahn, damit wir den Zug nach Leicester noch bekommen. Aber es passte und
die übrige Reisegruppe erwartete uns fünf schon am Bahnhof. Nicht
weniger als 30 Herren in Robs Alter stand für uns Spalier. Dazu noch
über ein Dutzend ihrer Frauen, die den Tag neben Shopping vor allem auch
in der wohl recht berüchtigten „Champagne Bar" verbringen wollten. In
fröhlicher Runde ging es also auf die 20minütige Zugfahrt nach
Leicester. Kaum im Zug, wurden, wie es sich für den Briten gehört, die
ersten Wetten platziert. Für einen Pfund konnte man aus einem tiefen
Umschlag ein Zettelchen ziehen, auf dem eine Spielminute stand. Gewinner
war derjenige, der die Minute zog, in der das erste Tor fallen würde.
The winner takes it all. Ich hatte die 88. In Leicester angekommen,
startete umgehend das Vorprogramm: Pub-Hopping - und zwar in einer
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Stiernacken im Pub |
ansprechend zünftigen Form. Im Viertelstunden-Takt wurde der Pub
gewechselt und ein neuer Pint im einarmigen Reißen gestemmt. Dabei
zeigte sich, dass Robs Freundeskreis nicht nur ausgesprochen humorvoll
und nett, sondern auch entsprechend trinkfest war. Alles andere wäre
aber auch überraschend gewesen, konnten doch 50% der Herren einen
ausgewiesenen Stiernacken präsentieren. Würde mich nicht wundern, wenn
die in Pamplona schon mal Touristen durch die Gassen gejagt haben. Mit
jeden Pub kam das Stadion näher und trotzdem schafften wir es nicht
pünktlich zum Anstoß. Das King Power Stadium ist vor nicht allzu langer
Zeit gebaut worden. Leider konnte ich deswegen nicht einen von den
atmosphärischen alten englischen Grounds machen.
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Außen Gladbach |
Von außen gleicht das
Stadion frappierend dem Gladbacher Nordpark. Innen scheint man sich ein
Beispiel an der Castroper genommen zu haben, was von mir wohlwollend zur
Kenntnis genommen wurde. Dass ich mit meiner 88. Minute keinen
Blumentopf gewinnen würde, war mir vorher schon klar. Die Foxes aus
Leicester führen die Tabelle der Championship ungefährdet mit einem
Vorsprung von acht Punkten an. Ipswich krebst im oberen Mittelfeld rum,
mit Kontakt zu den Relegationsplätzen. Für Unwissende muss man
vielleicht erklären, dass die zweite englische Liga nichts für
Warmduscher ist. Satte 46 Saisonspiele sind zu absolvieren. Die ersten
beiden steigen direkt auf; Platz drei bis sechs spielen in einer
Aufstiegsrunde den dritten Aufsteiger aus. Das sind dann allein 51
Ligaspiele, Pokalspiele kommen freilich on top. Dem Zuschauer bot sich
ein recht niveauarmer Kick, Leicester leicht überlegen, ohne aber
zwingend vor das Tor zu kommen.
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Innen Bochum |
Nach rund 25min wurde es einem
Ipswich-Verteidiger zu bunt und er spielte einen Rückpass schön in den
Lauf eines Leicester-Stürmers, der locker den Keeper umkurvte und
vollstreckte. Noch vor der Pause bat der nächste Verteidiger zum
Dilettanten-Balett und Foxes-Stürmer David Nugent netzte unbedrängt zum
2:0 ein. Kurz vor der Pause hetzte ich dann die Tribüne herab, um
stilecht den güldenen Halbzeit-Tee zu ordern, allerdings waren nicht
wenige ebenso schlau wie ich. Auch in der Championship herrscht die
Unsitte, dass man auf der Tribüne kein Bier trinken darf. Und so
verpassten wir auch den Anstoß zur zweien Halbzeit, weil wir mit Bier
unter der Tribüne standen. Der zweite Durchgang ist schnell erzählt. Bis
kurz vor Toreschluss passierte wenig, ehe der eingewechselte Woods den
3:0-Endstand besorgte. Nach Abpfiff ging es in den Fanshop. Für mich
stand das weiße 3rd Kit auf der Liste. Manuel machte aber den Schuss des
Tages und kaufte sich für 35 Pfund einen herrlichen Onesuit. Ein
Hammer-Outfit! Nun ging es in die dritte
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Wirklich Bochum |
Halbzeit und die feinen
britischen Herren legten ein gewaltiges Tempo vor. Manuel wurde
überzeugt, dass er doch bitte den Rest des Abends sein neues Outfit
tragen möge. Fast in umgekehrter Reihenfolge ging das Pub-Hopping
retour. Die Engländer waren sehr an den Gegebenheiten im deutschen
Fußball interessiert und so erzählte ich mehrfach, wie teuer meine DK
ist, dass wir auf der Tribüne rauchen und saufen dürfen, dass die
Anreise zum Spiel inklu ist usw. Für Engländer eine Garten Eden.
Irgendwann, die Frauen waren inzwischen „gut gelaunt" zu uns gestoßen,
ging es sangeslustig im Zug zurück nach Hinckley, wo als nächster
Programmpunkt doch tatsächlich ein Besuch im indischen Restaurant auf
dem Plan stand! Wohl gemerkt: ALLE hatten ordentlich die Lampen an. Der
Autor zog es dann auch vor, nach der Vorspeise ein kleines Powernapping
auf dem Tisch zu machen. Ausgeruht ging es dann zum letzten Pub des
Abends und im Anschluss nach Hause in die Casa de Toone.
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Mit Manuel und Daniel |
Morgens
viel mir dann als erstes auf, dass mich mein Handy mit der Aufforderung
zur PUK-Eingabe begrüßte…Huiuiui, ich hatte den Battle of Britain wohl
mit einigen Verlusten verloren. Bis zum Frühstück, dank Gail erneut Full
English, ging es mir auch nicht gut und mein Kreislauf tanzte den
Fox-Trott mit mir. Mittags chauffierten uns dann Daniels Eltern zum
Airport Manchester und pünktlich zum Tatort war ich wieder zurück auf
der Couch.
Das
obligatorische Fazit: Eine klasse Tour, von A bis Z! Daniels Eltern und
ihr Freundeskreis sorgten mit ihrer überragenden Gastfreundschaft für
ein überaus kurzweiliges Wochenende. Eine Einladung für einen
Gegenbesuch in der kommenden Saison im Westfalenstadion wurde dankend
angenommen. Und im Gegensatz zu den Burschen aus dem Millers werden da
einige auch sicherlich kommen. Schilling und Barrock dürfen schon mal
die Lager auffülen. Ebenso werden mich die Foxes auch nicht das letzte
Mal gesehen haben: kommende Saison wartet die Premiere League!
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Schwarzgelbe Grüße von: Basse